「すべての声がともに春をつくる」 : アイヒェンドルフの『大理石像』における「子ども時代」の再現

Abstract

Bereits Hans-Heino Ewers und Dieter Richter haben darauf hingewiesen, dass nach dem Erscheinen von Rousseaus Émile das Interesse für das Kind sich auch in Deutschland verstärkt entwickelt hat. Besonders in der Romantik wird dann die Kindheit als ein Element hervorgehoben, das immer wieder in das gegenwärtige Leben des Menschen eingreift und es wesentlich beeinflusst. Auf diesem literarischen Hintergrund ist Das Marmorbild Eichendorffs aus dem Jahr 1819 zu sehen, eine Erzählung, in der sich der Protagonist Florio ebenso oft wie plötzlich an seine Kindheit erinnert. Daraus könnte man den Schluß ziehen, dass hier Bilder und Lieder, die beide ihren Ursprung in dessen Kindheit haben, zum Vorschein kommen. Die bisherige Forschung hat dieses Werk weitgehend unter drei Aspekten, nämlich erstens dem psychoanalytischen, zweitens dem religiösen bzw. dem mythologischen und drittens dem intertextuellen betrachtet. Fast alle benennen zwar die Kindheit im Marmorbild als eines der wichtigsten Motive, aber sie setzen sich nicht konkret damit auseinander, was darunter eigentlich verstanden wird. Deshalb versucht dieser Aufsatz die Frage zu klären, wie Eichendorff die Kindheit darstellt und wie er sie in der Gegenwart wiedererscheinen lässt. In seinem 1815 erschienenen Roman Ahnung und Gegenwart wird die Erinnerung an die Kindheit sowohl als ein verschlossener Garten wie auch als ein wunderbares Lied dargestellt, das ohne Unterbrechung bis in die Gegenwart reicht. Diese beiden Motive finden sich auch im Marmorbild an vielen Stellen wieder, woraus man folgern könnte, dass diese Erzählung im Ganzen nichts anderes als eine Geschichte der Kindheit Florios ist. Die Stadt Lucca fungiert als der geheimnisvolle Ort, in dem christliche und heidnische Elemente einander gegenüberstehen. Kurz vor dem Ende der Erzählung wird Florio sich plötzlich dessen bewusst, dass er Lucca schon in seiner Kindheit im Bild gesehen hat, was heißt, dass er die Welt seiner Kinderzeit in der Gegenwart erneut erlebt. Auch die anderen Personen stehen in einer bestimmten Beziehung zur Kindheit Florios, wie aus Fortunatos Worten »alle Stimmen zusammen machen den Frühling« deutlich wird. Der Sänger Fortunato überblickt Florios Schicksal und stellt mit seinen frommen Liedern die akustische Seite der Kindheitserinnerung dar. Der schwarze Ritter Donati kennt Florios Kindheitserinnerungen ebenfalls. Möglich wäre es durchaus, dass er die Personifizierung eines möglichen anderen Schicksals Florios ist. Venus ist ein Frauenbild, das Florio aus einer Sehnsucht, die er schon in der Kindheit fühlte, geschöpft hat, doch entspricht die Venus der Gegenwart kaum noch den Vorstellungen seiner Kindheit, und eben dieser Diskrepanz wegen überfällt Florio ein tiefer Schauer. Das schöne Mädchen, dem er in Lucca begegnet, wird bis zur Mitte der Erzählung, wo er dessen Namen erfährt, mit Vorstellungen der Venus vermischt und dann schließlich von ihm zu deren Gunsten verlassen. Doch am Ende tritt es in Knabentracht wieder vor Florio, um durch diese Verkleidung »alles Vergangene gleichsam von sich abzustreifen«. Bianka verkörpert hier jene wahrhafte Schönheit, die er damals in seiner Kindheit unbewusst empfunden hatte. Die Kindheit Florios wird durch diese verschiedenen Beziehungen wieder mit der Gegenwart verflochten. Eichendorff schildert zwar die Schwierigkeiten und Gefahren, die damit verbunden sind, der Kindheit ein konkretes Bild zu geben. Aber er weist auch darauf hin, dass die Melodien der Kindheit überall und ewig weiterklingen, und dass man, wenn man diese Klänge bewusst im Herzen trägt, ein freudvolles Leben haben wird.