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タイトル: 表現主義文学とナチス・ドイツにおける「精神疾患」イメージの類似性
その他のタイトル: Die Ähnlichkeit der Auffassungen von Geisteskrankheit im Expressionismus und in der nationalsozialistischen Ideologie
著者: 籠, 碧  kyouindb  KAKEN_id
著者名の別形: KAGO, Midori
発行日: Jan-2016
出版者: 京都大学大学院独文研究室研究報告刊行会
誌名: 研究報告
巻: 29
開始ページ: 85
終了ページ: 104
抄録: In Wahnsinn und Gesellschaft (1961) relativierte Foucault die Rolle der Psychiatrie, indem er zeigte, dass der Wahnsinn vor der Neuzeit noch nicht als geistige 'Erkrankung' betrachtet wurde. Sein Werk, das die Möglichkeit eröffnet, den Wahnsinn positiv zu sehen, hat auch die Germanistik beeinflusst. Im Expressionismus wurde die Geisteskrankheit oft aufgewertet und mit Begriffen wie "Genie" und dem "Göttlichen" in Verbindung gebracht. Sich auf Foucault berufend gelangte die germanistische Forschung zu einer positiven Bewertung nicht nur des ästhetischen, sondern auch des ethischen Niveaus der Darstellung geistiger Störungen in der expressionistischen Literatur. Dies wird vor allem daran deutlich, dass man jede Kontinuität von der expressionistischen Literatur zur nationalsozialistischen Ideologie verneint, da letztere die Geisteskranken als "unwertes Leben" sah, das aus dem "Volkskörper" beseitigt werden müsse, und den Expressionismus als "entartete Kunst" brandmarkte. Die Einschätzung von Geisteskrankheiten sei daher in der expressionistischen Literatur und im Nationalsozialismus eine völlig andere. Dieses Urteil wird noch bestärkt durch eine Sichtweise von Medizin als kaltblütige Gewalt und von Literatur als einem Mittel zur Rettung des Menschen. Derrida hingegen kritisierte Foucault, weil dieser den Wahnsinn beschreibe, als habe er eine gültige Definition desselben, obwohl er doch eigentlich diesen Begriff relativieren wolle. Laut Spivak gibt Foucault zwar vor, sich für die gesellschaftlich unterdrückten und ausgegrenzten Geisteskranken einzusetzen, subsumiere diese aber in Wahrheit unter einer homogenen Gruppe, um sie zum Sprachrohr seiner eigenen Meinungen zu machen. Foucaults Theorie ist demzufolge ein gewisser Essentialismus inhärent, der bestimmte subjektive LebensäuBerungen schlechthin als "Wahnsinn" klassifiziert. Sander Gilmans relativ kritische Einschätzung der avantgardistischen Kunst zeigt Gemeinsamkeiten mit dieser Kritik an Foucault. Seiner Meinung nach führt Baudelaires Darstellung des Wahnsinns als bizarr und eben deshalb als positiv zu einer Verstärkung des Stereotyps, dass die "bizarren" Geisteskranken die völlig 'Anderen' seien, obwohl die Grenze zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit tatsächlich verschwommen ist. Es wäre also den germanistischen Forschern anzuraten, nicht vorbehaltlos auf dem Positiven der expressionistischen Vorstellung von Geisteskrankheit zu beharren, sondern auch die dieser innewohnende Ähnlichkeit mit nationalsozialistischen Auffassungen von geistiger Krankheit und Gesundheit zu bedenken. Was als "krank" oder "gesund" angesehen wird, bestimmt sich letztlich immer in Relation zu der jeweils gegebenen Idealvorstellung von Gesellschaft. Historisch betrachtet gewann die Psychiatrie vor allem dadurch an Einfluss, dass sie eine Definition dafür bereitzustellen schien, welche Verhaltensweisen eine die geltende soziale Ordnung störende Krankheit seien. Im Nationalsozialismus, der die "Volksgesundheit" zum Ideal erhob, verkam sie zur Steigbügelhalterin einer eugenischen Politik, die die Ausgrenzung von Geisteskranken durch Zwangssterilisationen und schlieBlich sogar durch "Euthanasie", die Ermordung der 'Anderen', auf die Spitze trieb. Wie aber sah der Expressionismus die Geisteskrankheit? In seinem Essay Die Ethik der Geisteskranken (1914) wertete Wieland Herzfelde die Geisteskrankheit auf, indem er ihre Verwandtschaft mit "unsere[n] heutigen Künstler[n]" hervorhob, die die Banalität des Bürgertums bekämpften. Die expressionistischen Künstler identifizieren sich häufig mit Geisteskranken, um ihr eigenes AuBenseitertum als "Neuerer" zu unterstreichen. In Carl Einsteins "Bebuquin" (1912) z. B. macht gerade die unbürgerliche Existenz eines Geisteskranken diesen zu einer "originell[en]" Figur. Für den Medizinhistoriker Gilman dagegen ist die Vorstellung von bizarren Geisteskranken nur ein Vorurteil. Durch die Darstellung der Geisteskranken als "natürlicher und menschlicher als wir" werde im Grunde nur das Stereotyp einer klaren Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit zementiert. Die als geisteskrank deklarierten 'Anderen' werden durch diese Dichotomie gewissermaBen in ein imaginäres Jenseits vertrieben. Das nationalsozialistische Ziel einer 'Ausmerzung' des Kranken ist dann nur noch ein weiterer Schritt. Es erscheint somit etwas problematisch, aus der radikalen Aufwertung der Geisteskrankheit eine Aktualität extrahieren zu wollen, wie dies manche Forscher versuchen. Andererseits gab es aber auch - oft als konservativ beurteilte - Schriftsteller, die zögerten, die Geisteskrankheit ausschlieBlich positiv darzustellen, wofür Arthur Schnitzlers Novelle Flucht in die Finsternis (1931) ein Beispiel ist, in der die essentialistische Anschauung bewusst skeptisch betrachtet und keine eindeutige Grenze zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit gezogen wird.
URI: http://hdl.handle.net/2433/204380
出現コレクション:29号

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